Feministische Außenpolitik – Film „Die Ballade der weißen Kuh“
Vieles hat sich verbessert, seit Frauen vor über einhundert Jahren zum ersten Mal am Internationalen Frauentag auf die Straßen gingen, um für ihre Rechte zu kämpfen. Doch der Tag bleibt aktuell. Denn noch immer ist Gleichberechtigung nicht überall erreicht. Die Idee eines Frauentages kam Anfang des 20. Jahrhunderts von Frauen aus den USA. Schnell fand sie viele Unterstützerinnen in Europa. Eine der Prominentesten war die damals in Stuttgart lebende Politikerin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin (1857–1933). Die Sozialistin wurde zur treibenden Kraft des ersten Internationalen Frauentages, der 1911 stattfand.
2023 lautet ein Motto des Internationalen Frauentages am 08. März #EmbraceEquity. Übersetzt heißt das so viel wie: "Umarme die Gerechtigkeit".
Vor diesem Hintergrund fand zusammen mit der Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Emmendingen Yvonne Baum im Kommunalen Kino Waldkirch „Klappe 11“ ein Film- und Diskussionsabend statt mit dem Film „Die Ballade von der weißen Kuh“ ein iranischer- französischer Film, der iranischen Regisseure Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha, die Regisseurin Maryam Moghaddam spielt auch die Hauptrolle.
Sie beschreiben in diesem Film die Geschichte einer Frau deren Mann zu Unrecht hingerichtet worden ist und wie das iranische Regime und die Behörden mit einem solchen Irrtum umgehen. Der Titel "Ballade von der weißen Kuh" bezieht sich auf den Umstand, dass eine Kuh in religiösen Zeremonien üblicherweise ein Opfer ist. Die weiße Kuh ist hier Synonym für einen Unschuldigen, der zum Tode verurteilt wurde. Der Film verdeutlicht, wie Staat und Behörden mit einem solchen Fehlurteil, das kein Einzelfall im Iran darstellt umgeht und welche Rolle in der Begründung des Urteils die Religion spielt. Der Film verdeutlicht aber vor allem wie rechtlos Frauen im Iran sind.
Eine einzigartige und besondere Qualität des iranischen Films kann seine Ehrlichkeit sein, wenn es um soziale und menschliche Themen geht, angesichts der bestehenden Zensur ist dies aber nicht so leicht umzusetzen. Filme, die dieses Ziel erreicht haben, können einflussreich sein. Sie können Fenster sein, die es den Menschen in der Welt auf der einen Seite und den isolierten Menschen im Iran auf der anderen Seite ermöglichen, einander zu sehen, so Alexander Schoch.
In der anschließenden Diskussion sprach die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Emmendingen von einem existenziellen Notstand – dem Notstand der Frauen im Iran. Die Situation von Frauen im Iran ist durch gesetzliche und gesellschaftliche Diskriminierung geprägt. Der Iran ist eines von 4 Ländern, welche die UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau NICHT unterzeichnet hat. Die Menschen dort werden vor allem im öffentlichen Raum, aber auch im Privaten streng überwacht. Grundlegende Menschenrechte von Frauen wie Männern werden in der Islamischen Republik nach Angaben von Organisationen wie Amnesty International systematisch verletzt. Presse- und Meinungsfreiheit sind stark eingeschränkt, es besteht kein Recht auf faire Gerichtsverfahren. Auch ganz alltägliche Dinge wie ein Besuch im Fußballstadion oder Fahrradfahren in der Öffentlichkeit sind für Frauen verboten. Seit dem 19. September 2022 gehen die Menschen im Iran auf die Straße und erheben unter Einsatz ihres Lebens ihre Stimmen gegen ein unterdrückerisches Regime, so Yvonne Baum.
Der Landtagsabgeordnete Alexander Schoch betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung einer Feministischen Außenpolitik. „Ich begrüße die von Annalena Baerbock vertretene feministische Außenpolitik. Denn das Ziel einer solchen Außenpolitik lenkt konsequent das Scheinwerferlicht internationaler Verhandlungen auf jene Bevölkerungsgruppen, die seit Jahrhunderten am meisten unter Krieg und Ungerechtigkeit, vermehrt auch unter der Klimakrise leiden: Frauen, Kinder und Marginalisierte in den Ländern des globalen Südens und sie warnt vor der aktuellen weltpolitischen Lage, in der autoritäre und menschenverachtende Politik mehr und mehr wieder zur Normalität wird.
Entscheidungen der Außen- und Sicherheitspolitik betreffen alle, sie berühren die Sicherheit und das Wohlergehen aller Bürger*innen eines Landes. Doch an den sicherheitspolitischen Entscheidungsprozessen werden Frauen und andere marginialisierte Gruppen häufig nicht hinreichend beteiligt. Ihre Möglichkeiten der politischen Teilhabe sind begrenzt, die spezifischen Erfahrungen ihrer Lebenswelt werden oft nicht berücksichtigt und ihre Stimme nicht gehört. Hinzu kommt häufig noch die Erfahrung massiver Diskriminierung und Entrechtung. Zeit dies zu ändern. Zeit für eine neue Außenpolitik. Zeit für feministische Außenpolitik.
Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel. Deutschland und die Europäische Union müssen Vorreiterin einer feministischen Außenpolitik werden. Schweden hat bereits 2014 eine feministische Außenpolitik eingeführt. Daher ist es gut und richtig, dass endlich auch die deutsche Außen und Entwicklungspolitik mit der Regierungsübernahme 2021 sich neu ausgerichtet hat. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Entwicklungsministerin Svenja Schulze befolgen künftig Leitlinien für eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik, um damit die Gleichberechtigung von Frauen zu stärken. Eine feministische Außenpolitik, hinterfragt stetig, welche Konsequenzen politische Entscheidungen für diskriminierte Gruppen haben. Eine feministische Außenpolitik verfolgt das Leitmotiv der "menschlichen Sicherheit" und umfasst die Berücksichtigung gesundheitlicher Aspekte, der Ernährungssouveränität, sowie geschlechterbasierter Gewalt, genauso wie ein Ende der Rüstungsexporte in Kriegs- und Krisengebiete und eine faire Handelspolitik.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch an die UN-Resolution 1325 erinnern, die vor 22 Jahren unter dem Namen „Frauen, Frieden, Sicherheit“, die Vereinten Nationen eine stärkere Repräsentation und Partizipation von Frauen in Friedensprozessen eingefordert haben.
Eine feministische Außenpolitik ist dynamisch und unterliegt der Weiterentwicklung, der ständigen Verbesserung und der Bereitschaft, es besser zu machen und besser zu sein. Indem wir uns feministischer Außenpolitik aus einer werteorientierten Perspektive und in Bezug auf die alltäglichen Lebensrealitäten von Menschen auf der ganzen Welt in ihren jeweiligen Kontexten nähern, können wir gemeinsam daran arbeiten, eine weitverbreitete feministische (Neu-)Vision der internationalen Politik zu generieren. Dies erfordert die Aufnahme feministischer Perspektiven in allen Bereichen der Außenpolitik, so Alexander Schoch.