Pressemitteilung Nr. 68/2022
Emmendingen, den 08.08. 2022
Bei der Fahrradexkursion rund um Köndringen im Rahmen der Sommertour von Alexander Schoch MdL ging es um den Streuobstwiesenbestand im Landkreis Emmendingen. Hintergrund dieser Exkursion war eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten zum Streuobstbestand im Landkreis Emmendingen.
Thomas Weich vom Landschaftserhaltungsverband des Landkreises Emmendingen (LEV) hatte dazu beispielhaft eine Tour ausgearbeitet. Der Abgeordnete freute sich besonders über die Teilnahme von Umweltstaatssekretär Dr. Andre Baumann. Teningens Bürgermeister Heinz-Rudolf Hagenacker war ebenfalls unter den Experten aus Naturschutz und Landwirtschaft und den interessierten Gästen.
Schoch hob in seiner Begrüßung die Bedeutung der Streuobstwiesen für die Biodiversität hervor und betonte die Bedeutung des Schutzes und der Sicherung des Bestandes, der Förderung Streuobstwiesen sowie die regionale Vermarktung der Produkte.
Dr. Andre Baumann bedankte sich für die Einladung und das große Engagement von Alexander Schoch gerade in Natur- und Umweltschutzbelangen. Baden-Württemberg sei zwar seit jeher Streuobstwiesenland, doch die Flächen gingen in den letzten Jahren massiv zurück. Neben Bebauung und Nachfolgeproblemen bei der Bewirtschaftung nannte er auch den zunehmenden Klimawandel als Grund. Bevor Thomas Weich die Gruppe zu den Exkursionspunkten führte, begrüßte Bürgermeister Hagenacker die Gäste und freute sich, dass die Exkursion in Teningen-Köndringen stattfindet. Teningen verbinde den Schwarzwald mit dem Kaiserstuhl wie kaum ein anderer Ort.
Die Bewirtschaftung von Streuobstwiesen ist wirtschaftlich oft nicht interessant aber von herausragendem Interesse für die Artenvielfalt und den Erhalt alter Obstsorten. Noch gibt es 80.000 bis 100.000 Hektar Streuobstwiesen im Südwesten. Etwa zehn Prozent dieser Flächen werden biozertifiziert genutzt. Seit März 2021 zählen die Streuobstwiesen zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Biodiversität hat sich Baden-Württemberg verpflichtet, die Streuobstbestände zu erhalten, ihre wirtschaftliche Nutzung finanziell zu fördern und die Pflege der artenreichen Flächen besser zu unterstützen. Ihr Erhalt ist für die Artenvielfalt von enormer Bedeutung. Denn Streuobstwiesen zählen mit über 5.000 Tier- und Pflanzenarten zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas.
Auch im Landkreis Emmendingen gibt es immer weniger örtliche Bewirtschafter, doch seit 2004 wird die Ausbildung zum LOGL-Geprüfter Obst- und Gartenfachwart® angeboten. In seither 10 Kursen (die Ausbildung dauert 13 Monate) konnten bereits 350 Interessenten ausgebildet werden. Die Fortbildung wird gemeinsam vom Kreisverband für Obstbau, Garten und Landschaft (KOGL) und vom Landwirtschaftsamt durchgeführt, wie Obstbauberaterin Ehing-Lukovics und KOGL-Vorsitzender Lothar Herb berichteten.
Der erste Punkt war eine 20jährige „Neuanlage“ im Rahmen eines Ausgleichsverfahrens der Flurneuordnung mit dem Ziel einer linienhaften Vernetzung innerhalb der Agrarlandschaft. Der Bewirtschafter Dieter Bührer, durch dessen pflegende Hand die Anlage so gelungen ist, berichtete von der arbeitsintensiven Pflege der Streuobstwiesen. Auch berichtete er von Herausforderungen, so fehle es oft an geeigneter Mähtechnik und die Verwertung des Schnittgutes als Futter sei schwierig.
Thomas Weich berichtete über Fallstricke und Verbesserungsbedarf bei Ausgleichsmaßnahmen / Ökopunkten, verbunden mit der Pflege von Streuobstbeständen. Daher sei vordringlich den Bestand zu erhalten und alte Obstbäume zu pflegen. Er stellte den Streuobstzensus für den Landkreis Emmendingen vor. Diese vollständige Erfassung der Streuobstbäume gibt Auskunft über Nutzbarkeit und ökologischen Wert der Bäume. Er wurde auf bislang 7 Gemarkungen in Zusammenarbeit mit Dr. Pyttel von der Uni Freiburg durchgeführt. Das Ergebnis ist für jeden Baum im Bürger GIS des Landkreises unter https://www.landkreis-emmendingen.de/kreiskarte öffentlich einsehbar. Die Zensusdaten werden vom LEV verwendet, um gezielt wertvolle Streuobstwiesen zu fördern. Der LEV fördert die Mahd bereits auf 20 ha Streuobstwiesen. Auch wurde die Verschlechterung kartierter FFH-Mähwiesen auf Streuobstwiesen von Privatpersonen problematisiert.
Beispiele der Böschungspflege zeigte Martin Geisel, stv. Geschäftsführer des LEV. Es sei wichtig, dass die Mulcherfahrer, möglichst, nie alles auf einmal abmähen, sondern immer wieder größere Altgrasreste als Rückzugsräume für Tiere und Pflanzen belassen. Völlig zu Unrecht müssen sich die Mulcherfahrer wegen ihrer unsauberen Arbeit immer wieder Kritik der örtlichen Bevölkerung anhören, denn sie tragen damit zur biologischen Vielfalt bei. Der LEV bietet regelmäßige Fortbildungen für die Straßenbaumeistereinen an. Ziel für die Zukunft sei, so Geisel, so wenig wie möglich zu Mulchen und mehr zu mähen und das Gras zu entfernen, wobei die Mähtechnik sehr teuer sei.
Am Wöpplinsberg, der letzten Station der Exkursion hat der LEV auf einer Fläche von rund 4 Hektar lichte Heckenstreifen mit einheimischen Bäumen und Sträuchern angelegt. Die Erfahrungen des Betriebes und Studien haben gezeigt, dass in Trockenjahren der Grünlandertrag unter Beschattung deutlich höher ist als ohne. Gerade bei der zunehmenden Trockenheit ist das ein zukunftsweisendes Beispiel zur Sicherung der landwirtschaftlichen Erträge, durch für die Biodiversität geschaffene Landschaftselemente.
Der Abschluss fand konsequenter Weise bei der Jung Fruchtsäfte GbR in Köndringen statt. Dort wurden die Radfahrer mit kalten Getränken und einem vegetarischen Imbiss von Klaus und Leander Jung empfangen. Die Jung Fruchtsäfte GbR bewirtschaftet und erhält rund 28 Hektar Streuobstwiesen und presst das Obst zu Saft. Daneben gibt es feine Fruchtsaftschorlen, Liköre und seit einigen Jahren auch hochwertige Destillate aus alten Obstorten. Die Produkte werden hauptsächlich in der Region vermarktet und können auch im Supermarkt erworben werden.
Es konnten an diesem spannenden Tag viele Fragen rund um die Streuobstbewirtschaftung beantwortet werden. Die offenen Punkte wird Alexander Schoch an die zuständigen Ministerien mit der Bitte um Beantwortung weiterleiten.
Der Abgeordnete bedankte sich bei allen Beteiligten für diese aufschlussreiche Exkursion, wünschte einen guten Nachhauseweg und vergaß nicht Staatssekretär Dr. Andre Baumann bereits erneut einzuladen.