Am 25.10.2023 wurde der Antrag von MdL Alexander Schoch und der Fraktion GRÜNE zum Luft- und Raumfahrtstandort Baden-Württemberg (Drucksache 17/2493) im Plenum behandelt.
Bei der hierfür vorgesehenen Aussprache hielt der Abgeordnete Schoch die Rede.
Es gilt das gesprochenen Wort!
„Sehr geehrte/r Präsident/in,
sehr geehrte Damen und Herren,
Alexander Gerst hat 2014 einen bemerkenswerten und vor dem Hintergrund der Klimakrise immer noch aktuellen Satz gesagt: „Die Raumfahrt ermöglicht uns die Erde aus einer anderen Perspektive zu sehen. Sie zeigt uns eine felsige Kugel mit einer erschreckend dünnen Atmosphäre die einmal im Jahr um die Sonne kreist. Dieser kleine Punkt ist unser Raumschiff und wir können uns aussuchen, ob wir nur als Passagiere mitfliegen oder als Teil der Mannschaft!“ Ich bin für die Mannschaft mit dem klaren Auftrag unseren blauen Planeten als Lebensraum zu erhalten.
Die vom Menschen verursachte Klimakrise wird zur Klimakatastrophe, wenn wir den Ausstoß von Treibhausgasen nicht drastisch reduzieren. Schon heute nehmen weltweit extreme Wetterereignisse wie Stürme, Hitze und Dürren stark zu. Auch die Gletscher schmelzen ab und der Meeresspiegel steigt an. Um diese Klimakrise zu bekämpfen haben Baden-Württemberg ebenso wie die EU und Deutschland der Bekämpfung der Klimakrise höchste Priorität eingeräumt.
Um die Veränderungen des Klimas auf unserer Erde und die Wirkung von Maßnahmen gegen den Klimawandel vernünftig zu analysieren, kommt der Erdbeobachtung mit Satelliten große Bedeutung zu, sie sind unverzichtbare Helfer im Kampf gegen den Klimawandel. Baden-Württemberg gehört zu den bedeutendsten Standorten der Luft- und Raumfahrtindustrie in Deutschland. Gerade im Bereich der Satellitenherstellung, Systemanbieten, der Komponenten und der Ausrüstung ist Baden-Württemberg führend, wie aus der Antwort der Landesregierung auf unsere Anfrage hervorgeht.
Daher ist es auch nur konsequent, dass die Landesregierung im Juli den Startschuss für die neue Luft- und Raumfahrtstrategie gegeben hat und vor einem Monat der Deutsche Luft- und Raumfahrtkongress hier in Stuttgart stattfand. Dies sind gute Botschaften, denn sie ist Technologie- und Konjunkturmotor und verbindet fast alle Hochtechnologien des Informationszeitalters: Elektronik, Robotik, Mess-, Steuer-, Werkstoff- und Regeltechnik. Mit der neuen Luft- und Raumfahrtstrategie möchte die Landesregierung den Standort Baden-Württemberg mit seinen 16 000 Beschäftigten in der Luft- und Raumfahrtbranche, die einen Umsatz von über 5 Milliarden Euro pro Jahr erwirtschaftet, für die Zukunft sichern, weiterentwickeln und stärken. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Unternehmen rund 17,5 % Umsatz wieder in Forschung reinvestieren. Die Branche trägt zur Wertschöpfung bei und leistet hinsichtlich der Industrialisierung einen enormen Beitrag.
Die daraus resultierenden Innovationen haben den Computerbau wesentlich beflügelt und finden auch Anwendung in vielen anderen Industriezweigen. Mobilfunksysteme, Navigationssysteme in Fahrzeugen, Live-Übertragungen von sportlichen und politischen Großereignissen, Videokonferenzen mit Menschen hier wie in fernen Ländern. Die globale Umwelt- und Klimaforschung, Digitalisierung oder Sicherheit wären ohne die Pionierleistungen dieser Branche nicht möglich. Sie muss zur kritischen Infrastruktur gezählt werden. Deswegen ist es dringend nötig, dass wir dieser Relevanz auch mit der neuen Strategie Rechnung tragen.
Marktanalysen schätzen, dass sich der globale Raumfahrtsmarkt bis 2040 verzehnfachen wird.
Der Erfolg der baden-württembergischen Unternehmen ist auch eng verbunden mit einem großen Anteil von regional angesiedelten Zulieferern, Ausrüstern und IT-Dienstleistern und einer Einbindung in eine ausgezeichnete Forschungsinfrastruktur, wie der Universität Stuttgart mit der größten Luft- und Raumfahrtfakultät in Europa und einem dichten Netz von wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen.
Es ist meines Erachtens daher auch richtig, dass die Landesregierung einen Schwerpunkt z.B. auf den New-Space-Sektor setzt, denn genau hier unterstützt sie die kreativen Start-ups und die starken mittelständischen Betriebe. Denn es werden sich Entwicklungs- und Produktionszyklen in der Raumfahrt verändern und sich klimaneutral weiterentwickeln.
Gerade für Klimaschutz können Satelliten und Satellitenkonstellationen zur Erdbeobachtung ein sehr genaues, flächendeckendes Bild der langfristigen globalen Veränderungen von Umwelt und Klima für viele verschiedene Parameter geben, z.B. „Grace“ Satelliten - die Informationen über die Entwicklung des Meeresspiegels oder „Christal“ zur Polareis – und Schneeüberwachung geben.
Dazu können Raumfahrttechnologien und insbesondere Satelliten -Daten dazu beitragen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, wie auch die Themen Dekarbonisierung und Kreislaufwirtschaft in der Luftfahrt vorantreiben. Auch die Entwicklung autarker und energiesparender Anlagen für die Lebenserhaltung sind ein wichtiger Bereich in der Astronautik. Menschen auf der Raumstation benötigen sauberes Wasser, Nahrung und saubere Luft, die weitgehend aus geschlossenen Kreisläufen gewonnen werden. Diese Anwendungszweige werden auch auf der Erde immer wichtiger, um so die energieeffiziente, lokale Versorgung der Bevölkerung entweder in Gebäuden oder in ganzen Regionen nach Naturkatastrophen zu gewährleisten.
Genannt sei auch aufgrund der Zunahme von Katastrophen in den letzten Jahren, den Katastrophenschutz mit besseren Daten aus dem Weltraum zu stärken, indem bessere vorhersagen, wo Unwetter zu erwarten sind möglich werden.
Und auch das Thema Sicherheit wird uns deutlich stärker in der Zukunft beschäftigen müssen, vor dem Hintergrund des aktuellen Nahostkonfliktes wo oder dem Ukrainekrieg, aber auch z.B. angesichts zunehmenden Weltraumschrotts sind hier Sicherheitskonzepte notwendig, um Kollisionen zu vermeiden und diesen Schrott auch zu beseitigen. Aber natürlich ist es auch gut, zu wissen, was sonst noch im Weltall an Aktionen passieren.
Die Antwort auf unsere Anfrage gibt auch nochmal einen guten Überblick über die universitäre Studienangebote und über die Aktivitäten der wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen und der Landesförderung, dafür herzlichen Dank.
Es freut mich auch, dass die Landesregierung mit verschiedenen politischen Initiativen sich für den Standort BW einsetzt, um den Luft- und Raumfahrtstandort Baden-Württemberg zu stärken.
Die Raumfahrt liefert neue Erkenntnisse über die Erde und das Weltall, erschließt neue Technikanwendungen, wie klimaneutrales Fliegen. ermöglicht neuartige Dienstleistungen, trägt zur Bewältigung der Energiewende bei, fördert die internationale Zusammenarbeit und verbessert die Möglichkeiten der Abrüstungs- und Friedenspolitik über Europa hinaus.
Die Luft- und Raumfahrtindustrie ist damit - obwohl eine vergleichsweise kleine industrielle Branche - von enormer strategischer Bedeutung für unsere Wirtschaft in BW, darum ist es richtig, dass die Landesregierung auf die neue Luft- und Raumfahrtstrategie setzt. Investitionen in die Luft- und Raumfahrt sind Klimaschutzmaßnahmen."