Alexander Schoch freut sich, dass der Atomausstieg nun endlich in Deutschland besiegelt ist
Mit dem Abschalten der letzten drei deutschen Atomkraftwerke (AKW) verbinde ich auch den erfolgreichen Kampf der Atomkraftgegner aus unserer Region z.B. gegen den Bau des AKW Wyhl und die Stilllegung des AKW Fessenheim. Unsere Region war und ist eine Keimzelle des Widerstandes gegen die Atomenergie.
Es ist gut, dass diese Risikotechnologie in Deutschland ein Ende gefunden hat. Eigentlich hätten die Reaktoren schon Ende vergangenen Jahres vom Netz gehen sollen. Jedoch wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise beschloss die Ampel-Koalition, die drei Meiler über den Winter weiterlaufen zu lassen. Am Samstag, den 15. April 2023 sind sie nun aber endgültig vom Netz gegangen und heruntergefahren. Wir haben ein wichtiges Ziel der Umweltbewegung, das Ende der Atomkraft, erreicht.
Damit stehen wir vor der großen Aufgabe, die Energieversorgung konsequent auf regenerative Energien umzustellen und nukleare und fossile Energien zu ersetzen. Mit dem massiven Ausbau günstiger, klimafreundlicher und risikoarmer Energie aus Wind und Sonne sichern wir die Energieversorgung der Zukunft.
Trotzdem hält sich hartnäckig der von CDU und FDP verbreitete Mythos, Atomkraft sei günstig und bezahlbar. Das Gegenteil ist der Fall: Ohne massive finanzielle Zuschüsse aus Steuergeldern würde weltweit kein Atomkraftwerk gebaut werden und wirtschaftlich ist auch kein AKW.
Der Blick nach Frankreich oder Belgien zeigt, wie unzuverlässig Atomkraft selbst im 21. Jahrhundert ist. Überall kommen Atomkraftwerke ans Ende ihrer Lebenszeit, Schäden und Störungen an den alten und maroden europäischen Anlagen häufen sich.
Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass die Kosten von einer Kilowattstunde Atomstrom bis zu viermal so hoch sind wie die Kosten von einer Kilowattstunde Wind- oder Solarenergie. Während die Kosten für Erneuerbare überall sinken, sind die Kosten für AKW seit dem Bau der ersten Kraftwerke dagegen gestiegen. Grundsätzlich gilt: Je länger eine Technologie existiert, desto günstiger wird sie durch Lerneffekte und Standardisierung. Nicht so bei Atomkraftwerken: Im Vergleich zu den 70er Jahren haben sich Baukosten verfünffacht. Bauprojekte der letzten Jahrzehnte haben sich nicht nur massiv verzögert, sondern ihre prognostizierten Projektkosten gesprengt und sind ökonomisch zu Milliardengräbern geworden. Kein AKW weltweit ist ohne staatliche Subventionen wirtschaftlich zu betreiben und nirgendwo ist Atomkraft wettbewerbsfähig. Für private Kapitalgeber*innen lohnen sich Investitionen in den Bau von AKW ökonomisch einfach nicht. Auch Laufzeitverlängerungen versenken Milliardenbeträge. Das Beispiel Frankreich zeigt: Um einen Reaktor zehn Jahre länger laufen zu lassen, fallen zusätzliche Kosten von rund 1,7 Milliarden Euro für einen Reaktor an. Und das allein dafür, dass an alternden Reaktoren zwingend notwendige Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt und die daraus folgenden Umbaumaßnahmen umgesetzt werden. Kein Wunder, dass der Energiekonzern EDF im Atomland Frankreich Milliardenverluste macht, die von den Steuerzahler*innen aufgefangen werden müssen. Atomkraft ist in Zeiten des Klimawandels nicht mehr zuverlässig zu betreiben, weil AKW zur Kühlung auf enorme Mengen Wasser aus Flüssen und der Umgebung angewiesen sind. Dürren, Hitzewellen und sinkende Flusspegelstände, wie wir sie seit Jahren erleben und die sich weiter zuspitzen, sorgen dafür, dass Atomkraftwerke immer wieder gedrosselt oder heruntergefahren werden müssen. Auch Atomkraft selbst ist bei weitem nicht klimaneutral. Der Uranabbau, Transport und Anreicherung produzieren genauso CO2-Emissionen, wie Bau und Instandhaltung von AKWs oder die Zwischen- und Endlagerung.
Atomkraft war, ist und bleibt eine der teuersten Stromerzeugungstechnologien. Jeder Euro an Steuergeld kann nur einmal ausgegeben werden. Auch rein ökonomisch betrachtet ergibt es keinen Sinn, Milliarden in eine nicht wettbewerbsfähige Hochrisikotechnologie zu investieren anstatt in verfügbare klimafreundliche erneuerbare Technologien.
Den erneuerbaren Energien gehört die Zukunft. Schon heute erzeugen wir etwa die Hälfte des Stroms in Deutschland erneuerbar. Bis 2030 werden wir 80 Prozent unserer Energie aus Wind, Sonne und Wasser gewinnen. Das ist unausweichlich, um die Klimakrise zu bekämpfen. Das bedeutet aber auch, dass dieser Wirtschaftszweig einen großen Anteil an unserem zukünftigen Wohlstand hat und damit auch viele Arbeitsplätze schaffen wird. Mit dem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien machen wir das absolut Notwendige, um unsere Lebensgrundlagen zu bewahren. Gleichzeitig profitieren wir davon wirtschaftlich enorm. Erneuerbare sind längst um ein Vielfaches günstiger und wirtschaftlicher als jedes Atomkraftwerk. Um die Klimakrise mit sauberer Energie zu bekämpfen, brauchen wir die besten Technologien. Mit Windkraft und Solarenergie haben wir die bereits – und sie sind effizient und wirksam. Windkraftanlagen und Photovoltaik sind sicher und produzieren günstigen Strom. Dieser erneuerbare Strom kann auch einfach vor Ort gewonnen werden. Davon profitieren die Kommunen auch finanziell. Mit diesen dezentralen, intelligent vernetzten erneuerbaren Kraftwerken und Speichersystemen bauen wir unsere moderne Zukunft.
Ziel muss es aber jetzt sein, den Ausstieg aus dieser Risikotechnologie Atomenergie auch in den anderen Staaten Europas und der gesamten Welt zu erreichen.